Die Begriffe Coaching und Supervision haben Sie sicherlich schon gehört. Vielleicht haben Sie auch eine genaue Vorstellung von Coaching und Supervision. Bei den folgenden Begriffsdefinitionen geht es mir um die Abgrenzung beider Methoden und deren Kombination in der Führungskräfteentwicklung: von mir „Business Supervision“ genannt.



Was ist Supervision?

Der Begriff Supervision ist die englisch sprachige Bezeichnung der Praxisanleitung eines Vorgesetzten an seinen Mitarbeiter. Benutzt wird der Begriff häufig im Umfeld der Sozialarbeit. Im deutschen Sprachgebrauch ist die Supervision eine emotions- und beziehungsorientierte Form der Handlungsberatung für einzelne Personen oder Gruppen und hat nichts mit dem gleichen englischen Begriff gemeinsam.


Was ist ein Supervisor?

Die Berufsbezeichnung Supervisor ist die englisch sprachige Bezeichnung für den Beaufsichtigenden. Im deutschen Sprachgebrauch ist der Supervisor der Leiter einer Supervisionssitzung mit einer Person oder einer Gruppe.


Was ist Business Supervision?

Die Business Supervision (Begriffskombination von H. Wickinghoff, 2006) ist aus der Praxisanforderung entstanden, um den geänderten Rahmenbedingungen der Supervision im Profit Bereich gerecht zu werden. Die Business Supervision besteht aus einer normalen Supervisionssitzung (wie üblich ca. 1,5 Std lang) und wird dann mit einer Coachingsitzung weitergeführt. (siehe auch „Ein Beispiel aus der Praxis“) Mit Pause, anschließender Auswahl und Durchsicht des in Frage kommenden Arbeitsmaterials kann die Business Supervision dann 3-5 Std dauern. Der Supervisand bekommt am nächsten Tag eine Dokumentation und das Arbeitsmaterial geschickt. Somit kann er die kognitiven Inhalte des Coachingteils der Business Supervision weiter vertiefen.


Warum Business Supervision?
Weil die alleinige Konzentration und Ausrichtung auf operative Ziele und deren Erreichung (besonders ausgeprägt im Vertrieb: Umsatzsteigerung, Deckungsbeitrag, Neukundenquote) oft nur wenig Raum für die eigene Entwicklung des Mitarbeiters lassen. Fragen nach dem warum, wodurch und ob überhaupt werden selten gestellt und noch seltener beantwortet. Das ermöglicht die Supervision und eröffnet dadurch ein breiteren Rahmen für persönliche Entwicklungen. Diese werden im anschließenden Coaching aufgegriffen und konkretisiert.


Warum wird bei der Business Supervision die Kombination mit dem Coaching gewählt?

Weil die Supervision dadurch die in Unternehmen notwendige Zielorientierung erhält, ohne von ihrer Eigenart, ein völlig offener Prozess zu sein, etwas zu verlieren.


Warum hat sich die Supervision bislang nicht in Unternehmen verbreitet?

Weil die Supervisoren meist aus Non Profit Organisationen stammen, und den Weg in Unternehmen bisher gescheut  haben. Die in Unternehmen geforderte Zielorientierung läuft dem Supervisionsgedanken entgegen.


Wie verbreitet ist Supervision in Unternehmen?

Gering. Viele Personalentwickler kennen die genaue Vorgehensweise der Supervision nicht. Nur in wenigen Großunternehmen wird die Supervision angewendet.


Was ist Coaching?

Ein Sammelbegriff für verschiedene Arten von Beratungen, meist als 4 Augen Gespräch. Vereinzelt taucht auch den Begriff des „Kleingruppencoachings“ auf.


Wie wird Coaching im Vertriebs- und Führungskräftebereich definiert?

Als eine zielorientierte Einzelberatung die zu Beginn ein vom Klienten (Coachee) eingebrachtes Problem zum Inhalt hat.


Was unterscheidet Coaching und Supervision voneinander?

Coachingprozesse sind oft (insbesondere in Vertriebsbereichen) zielorientiert gestaltet. Der Coachee hat eine bestimmte Vorstellung vom Problem, das zu lösen ist. Diese Vorstellung kann sich im Prozess verändern oder erweitern.
Typische Ziele von Coachingprozessen in Vertriebsorganisationen können sein:

Die Neukundenquote steigern, den gesamten oder Teile des CRM (Customer Relation Management Prozesses) verbessern, systematische Angebotsverfolgung/Selbstmanagement, Gebietsaufteilungen optimieren, schwierige Gesprächssituationen oder Verhandlungen mit Schlüsselkunden u.s.w.

Die Supervision ist am Anfang nicht auf ein Ziel fokussiert sondern stellt das Problem, die Hintergründe und den Klienten (Supervisanden) in den Vordergund. Im Laufe der Supervisionen ermöglicht der Supervisor dem Supervisanden einen distanzierten Einblick in seine Strukturen, Muster, Glaubenssätze und Kommunikationsstrategien im Arbeitsumfeld. Durch diesen Erkenntnisprozess werden mögliche Lösungen offenbar, die bisher gar nicht „auf dem Schirm“ waren. Das kann dann dazu führen, dass der Supervisand sein Arbeitsumfeld selbsttätig verändert oder optimiert. Die Durchführung der Veränderungen kann dann in einer angeschlossenen Coachingsitzung besprochen werden.


Ein (vereinfachtes)Beispiel aus der Praxis:

2 Mitarbeiter werden im gleichen Unternehmen zu Abteilungsleitern befördert. Gleich zu Beginn der offiziellen Ernennung erhalten beide die Möglichkeit zu einem Coachingprozess, um Ihre Führungsqualitäten zu verbessern. Sie waren vorher Gruppenleiter und wurden auf Grund Ihrer fachlichen Qualifikation befördert. Der eine (FK 1) „macht sich gut“ und hat konkrete Fragen im Coaching zu Führungssituationen, der Andere (FK 2) fühlt sich unwohl in seiner Rolle und nimmt diese nur zögernd ein, obwohl er das ursprünglich wollte.

FK 1 beginnt mit einem Coachingprozess in dem die Selbstreflektion und die Vermittlung von Führungsqualitäten im Vordergrund steht.

Dies wäre bei FK 2 nicht sinnvoll, sondern hier klärt die Supervision die Hintergründe der Blockaden. Die eigene Rollenbestimmung als FK, Identitätsklärung und Hemmnisse in der Organisationsstruktur werden bearbeitet. Diese Klärung führt dazu, das FK 2 selber Veränderungen beschließen kann oder nicht. In dem Beispiel hat er selber Abstand von der Führungsaufgabe genommen und so sich selber und dem Unternehmen einen ggf. langen und schmerzlichen Erkenntnisprozess erspart.


Was sind typische Themen von Coaching für Vertriebsmitarbeiter oder Vertriebsleiter?

In der Praxis erhalten Vertriebsmitarbeiter fast ausschließlich Coachings im Nachgang zu erfolgten Trainings. In diesem Fall wird das Coaching auch Training on the Job genannt.

Vertriebsleiter oder Führungskräfte können in vielen Unternehmen auch Coachingsitzungen ohne vorheriges Training erhalten. Typische Themen sind: Mitarbeiterführung, Konfliktsituationen mit Mitarbeitern, organisatorische Themen (z.B. Projektmanagement, Selbstorganisation), Zielerreichungsstrategien, Kommunikation mit Mitarbeitern, Verhaltensweisen mit Kunden oder untereinander,  u.s.w.


Warum ist Supervision (noch) nicht stark verbreitet in Unternehmen?

Supervisionen werden bislang hauptsächlich in Non Profit Organisationen, die im sozialen Bereich tätig sind, (Krankenhäuser, Sozial- und Jugendhilfe, Pflegeeinrichtungen) durchgeführt. Studien gehen davon aus, dass der Anteil von Supervisionen in Unternehmen ansteigen wird (Prof. S. Kühn, Das Scharlatanerieproblem, Coaching zwischen Qualitätsproblem und Professionalisierungsbemühungen, Studie im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Supervision von 2005)


Sind Coaching oder Supervision neu? Wie lange gibt es diese Art der Einzelberatung?

Coaching ist nur ein neuer Begriff für die schon seit vielen Jahrzehnten bekannte Einzelberatung.


Lässt sich die Qualität von Coaching oder Supervision in Unternehmen messen?

Nein, nicht im wissenschaftlichen Sinne, da es keine identische Vergleichsgruppe gibt. Außerdem führt die Messung bereits zu Verfälschungen des ursprünglichen Zustandes, d.h. sie beeinflusst diesen. Jedoch lassen sich Beobachtungen über Verhaltensänderungen qualitativ beschreiben, und ebenso deren Auswirkungen. Coachees und Supervisanden sprechen jedoch oft vom Erfolg der Maßnahme, weil Sie sich danach „besser“ fühlen, z.B. weil Ihr Problem gelöst wurde oder sie einfach einen anderen Blick darauf haben.


Gibt es eine qualifizierte, wissenschaftlich oder staatlich anerkannte Ausbildung von Coaches oder Supervisoren?

Nicht für Coaches, aber für Supervisoren. Es gibt einen Hochschulstudiengang zum Supervisor und eine von der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSV) zertifizierte berufsbegleitende 3 jährige Ausbildung. Es gibt Bemühungen von neu gegründeten Coachingverbänden auch hier einen Qualitätsstandard fest zu schreiben, allerdings sind diese in ihren Anforderungen (noch) weit unter den Anforderungen der DGSV Supervisoren Ausbildung. 


Kommentar des Verfassers

Dieser Artikel gibt die persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen von Heinrich Wickinghoff weiter, die er als Trainer, Coach und Supervisor gemacht hat. Zugrunde liegen diesen Erfahrungen neben der Arbeit mit ca. 5000 Teilnehmern seit 1994 zahlreiche Fachgespräche mit Kollegen in Berufsverbänden sowie mit Personalentwicklern.

Schreiben Sie mir bitte Ihre Kommentare, Fragen und eigenen Ansichten!

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